VERHALTENSREGELN 2, 2017
Die chilenische Künstlerin Maria Trenato setzt sich mit Depressionen bei Tieren auseinander. Das europäische Zoowesen hat sie zu dieser Arbeit inspiriert.
Trenato stellt ins Zentrum ihrer Rauminstallation ein gebetshockerähnliches Objekt, das aus dem Buch „Rote Liste 2006“ gefertigt wurde. Die Doppeldeutigkeit des Buchtitels – Liste der bedrohten Tierarten, aber auch Gesamtverzeichnis der in Deutschland zugelassenen Arzneimittel – bezeichnet in besonderer Weise das Dilemma der Zurschaustellung von Tieren in Gefangenschaft. Einerseits wird vorgeblich ein Beitrag zum Artenschutz durch die Vermehrung gefährdeter Spezies geleistet, andererseits werden die Individuen durch die unnatürliche Haltungsform in Habitaten mit Displayfunktion psychisch angegriffen.
Der einsame und persönlichkeitsgestörte blauäugige Löwe in Trenatos Arbeit illustriert dies deutlich. Weitere Objekte zeigen einen Seestern mit Knastkoller, einen Walfisch, der Selbstmord beging, Tränen der Aquariumsfische, als Bibergift taugliches imprägniertes Holz und ein Papageienspielzeug, das epileptische Anfälle hervorrufen kann.
Die gewählten Materialien sind überwiegend natürlich anmutende, dabei aber stark be- oder verarbeitete Werkstoffe, die für Tiere zur Irritation oder gar zur Giftfalle werden können. Einige Kunststoffobjekte zeigen die Perversion der kommerziellen Herstellung von Spielzeugen oder Ausstattungsgegenständen für in Zoos oder Privathaushalten gehaltene Tieren.
Textfragmente verweisen auf den Zusammenhang zwischen Habitatqualität und Verhaltensstörungen. Ein kleines gerahmtes Objekt schließlich steht wie ein Memento für die menschliche Verantwortung: Ein Menschengehirn mit der mantraartigen Textergänzung „Darüber hinaus weiß man mittlerweile,“.